Ich kann dieses Gerade von Bubbles nicht mehr hören. Muss man denn in jedem Gespräch mindestens einmal "Also in meiner Bubble ..." droppen? Klare Antwort: Nein! Ich lehne Bubbles ab. Jedenfalls diese Art von Bubbles. Früher wollte man mal weltoffen sein, den Horizont erweitern, andere Menschen und Kulturen kennenlernen, verstehen, Gutes adaptieren und Schlechtes tolerieren. Und das nicht nur im Urlaub, sondern jeden Tag. Immer. Weil einem jeden Tag neue Menschen begegnen, man neue Eigenarten entdeckt, die sich von den eigenen unterscheiden. Und weil gerade das das Leben spannend machte.
Bubbles sind Engstirnigkeit, auf die man auch noch stolz ist. Und die ausserdem meistens gelogen ist. "Also in meiner Bubble trinkt ja keiner mehr Kuhmilch". Quatsch. Du weisst es nur nicht. Und du kannst es auch nicht wissen. Und es bringt rein gar nichts, Bubble-Quatsch überhaupt zu thematisieren. Man könnte auch gleich mit einem T-Shirt rumlaufen, auf dem steht "Scheuklappen und stolz drauf". Aber das klingt nicht so geil zeitgeistig.
Andererseits könnte man das Bubble-Gelaber auch als wahnsinnig ehrliche Selbsterkenntnis eigener Beschränktheit betrachten. Wenn man sich vorstellte, man sagte statt "Ich bin so in meiner Bubble" künftig "Ich hab so gar kein Interesse an anderen - seit Jahren koche ich nur im eigenen Sud. Und das ist auch gut so!".
Das Gute an Bubble-Gerede ist: es findet nur in der sogenannten Großstadt-Bubble statt. Kaum geht man dorthin, wo keine S-Bahn mehr fährt, hat es sich auch schon ausgebubblet. In Henstedt-Ulzburg gibt es keine Bubbles. Ich war zwar noch nie in Henstedt-Ulzburg, aber ich stelle mir diesen Ort einigermaßen Bubble-frei vor. Nicht so Bubble-frei, wie Lübberitz oder Fluorn-Winzeln und weitere Orte, die sich hunderte Kilometer fernab jeglicher Großstadt befinden, aber doch Bubble-frei.
Man könnte nun meinen, mit Bubbles seien die Eigenarten eines Sozialen Mileus oder einer Region gemeint. Aber so ist es nicht. Keine Bubble gleicht der anderen. Bubbles sind etwas zutiefst Egozentrisches. Die Bubble, die sich um das eigene Ich schließt. Der eigene Horizont, zur maximal verkrümmten Horizontlinie verkommen, die sich als Kreis von kaum mehr als einem Meter Durchmesser um das eigene Ego schließt.
"Bis hierher, und nicht weiter". Die Bubble ist konsequente Weiterführung der heutigen Abgrenzungs-Gesellschaft. "Ich habe gelernt, Grenzen zu setzen" scheint eine Art kultureller Errungenschaft zu sein. "Ich habe gelernt, engstirnig zu denken und niemals über meinen eigenen Tellerrand zu schauen" klingt da schon weniger kultiviert.
Ich freue mich über jede Bubble, die zerplatzt. Und wenn man an Seifenblasen denkt, platzen diese nicht zwingend, wenn sie einander begegnen. Aber manchmal.
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