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Ich mag leer.

  • Autorenbild: Filialleitung@Ideensupermarkt
    Filialleitung@Ideensupermarkt
  • vor 6 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

Seit ich 6 Jahre alt bin, oder noch länger her, träume ich von leeren Räumen, die ich nur für mich habe. Ein weißes Zimmer mit Holzfußboden. Ein leerer Kleiderschrank, vielleicht mit einem Bügel drin. Vielleicht ist der Bügel aber schon zu viel.


Schon der Stift, der durch eine Schublade rollt, gefällt mir nicht.

Mir gefallen nicht die 45 Küchengeräte, die sich auf Küchenschränken stapeln. Mir gefallen nicht die vielen Kleidungsstücke, von denen keiner mehr weiß. Nicht das Altpapier, das längst weggebracht werden müsste - obwohl es Altpapier gar nicht mehr gibt. Und den Staub auf den Fußleisten, den mag ich auch nicht.


Dabei gefällt mir das bei anderen sehr.


Ich liebe die vollgestopften Wohnungen der anderen, die gefüllt mit Leben sind. Mir gefallen die benutzten, Dinge. Die mit Liebe eingerichteten Flohmarktwohnungen, in denen jedes Detail eine Geschichte hat. Die Häuser und Gärten, die von Glücksmomenten erzählen mit Fotos am Kühlschrank, die ich nie hatte. Ich hatte dennoch mal eine Postkarte am Kühlschrank, aber die hab ich zum Putzen wieder abgehängt. Und nie wieder aufgehängt.


Ich liebe alte Stofftiere, die noch lieber gucken, als früher. Weil sie alt geworden sind und sie das Alter noch goldiger macht.


Ich liebe dieses unruhig gluckernde, scheinbar ganz normale Leben. Das Kind, das über sein egales Kleid stolpert, das einfach angezogen wurde, und in die Wiese fällt. Um dann gierig Marillenlimonade zu trinken, die ich nur von Hörspielcassetten kenne. Von einer das Kind über alles liebenden Person, die den Moment in Bildern fest hält. Ich mag es wirklich. Nur halt bei mir nicht.


Mein Leben soll immer gerade erst anfangen. Gerade in der Bergheimer Straße die ausgetretenen Steintreppen hochgelaufen. Gerade den Pflanztopf mit Margeriten, von denen ich damals nicht wusste, wie schnell sie holzig werde, in die Lange Reihe gestellt. Gerade angefangen, den Sommergeräuschen von Menschen zuzuhören, die den Sommer in echt erleben. Und im Backoffice nur ich, die neuen Räume und das Rauschen von Großstadtblättern in einer Sommernacht.


Ach doch: die Boxen, mit denen ich frisch eingezogen und laut Rosenstolz hörte und von mir selbst träumte. Die wollte ich schon.


Gerade die Renovierungsluft geschnuppert. Nachgeschnuppert, wer da, in den neuen Räumen, schon alles schon gelebt, geatmet, verzweifelt geliebt, gesucht, Kaffee gekocht und sich die Zukunft in schön vorgestellt hat. Gerade fliegt das erste Licht und die ganze schöne Nostalgie durch die Fenster.


Ich und Neubau waren noch nie ein Match.



ree

Mein persönlicher Alptraum, light Version.

 
 
 

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